Wenn man mit dem Streaming oder Vlogging beginnt, weiß man zunächst nicht genau, was man eigentlich dafür braucht und was nicht. Klar, ein Mikro, eine Kamera, eine Speicherkarte und natürlich die Inhalte. Aber mit der Zeit kommt man immer wieder in Situationen, die nach neuem Equipment schreien oder bei denen die aktuelle Lösung an ihre Grenzen stößt. Bei Kameras geht es dabei um Verschlusszeiten, Rauschverhalten in dunklen Szenen, Videoqualität und dergleichen. Und beim Sound wird einem schnell bewusst: Mit nur einem Modell wird man niemals in allen Situationen das beste Ergebnis erzielen.
Das Lavalier Mikrofon
Stellt Euch folgende Situation vor: Ihr habt Euch für eine Vlogging-Kamera und ein Lavalier-Mikrofon (bezahlter Link) entschieden – das sind diese kleinen Modelle, die man mit einem Klipp an Hemd oder Pullover befestigen kann. Diese Kombination funktioniert gut. Zumindest immer dann, wenn Ihr einen genauen Plan von dem habt, was Ihr eigentlich aufnehmen wollt. Dreht Ihr also gerade ein Special über die neueste 360-Grad-Kamera, werdet Ihr unterwegs wahrscheinlich ausschließlich Eure eigenen Gedanken dazu teilen und die Testschritte, die Ihr gerade aufnehmt, kommentieren.
Seid Ihr aber ohne konkretes Konzept unterwegs – zum Beispiel bei einem Reise-Vlog –, kann es immer mal passieren, dass Ihr in eine unerwartete Gesprächssituation kommt. Das Lavalier-Mic wird in diesem Fall immer nur Eure Stimme klar und präsent aufzeichnen, die Eures Gesprächspartners aber nur dünn und entfernt. Natürlich schneidet auch das Kameramikro mit, aber dann habt Ihr zwei verschiedene Klangcharakteristika innerhalb des Interviews, die Ihr in der Post Production nur mit viel Mühe und selten mit dem erhofften Ergebnis angleichen könnt. Einmal ganz abgesehen von der eher mauen Qualität der meisten integrierten Kamera-Mics.
In diesem Fall ist ein auf die Kamera aufgestecktes Richtmikrofon die bessere Lösung, da es automatisch immer in Richtung des Motivs zeigt und sowohl Umgebungsgeräusche aus diesem Bereich als eben auch die Stimme einer dort sprechenden Person einfängt. Könnt Ihr Interview-Aufnahmen vorab planen, und sollen die Personen sich beim Filmen auch noch bewegen (zum Beispiel bei einer Begehung einer Produktionsanlage, oder einfach einem Walk and Talk durch die Stadt), spielt wieder das Lavalier-Mikrofon seine Stärken aus. In diesem Fall benötigt Ihr dann pro Person ein eigenes Modell (hier gern identische Verwenden) samt Audio-Recorder, oder eine Funklösung, die alle Signale zu einem einzelnen Recorder schickt.
Lavalier Mikros sind neben dem eingangs erwähnten Solo-Vlog und planbaren Interviews immer dann sehr gut, wenn man bei statischer Kamera selbst vollkommene Bewegungsfreiheit haben möchte. Im Studio könnt Ihr dann auch mal was aus dem hinteren Regal holen, ohne dass Eure Stimme dabei flöten geht. Auch wenn Ihr einen Clip über eine neue Drohne drehen und Euch an dem Schauplatz frei bewegen möchtet, ohne dabei stets die Platzierung des Mics zu beachten, ist ein Lavalier der richtige Begleiter. Allerdings fängt es dafür nicht so viele Umgebungsgeräusche ein, wie ein Richtmikrofon.
Das Richtmikrofon
Wie ein Lavalier-Mic ist ein Richtmikrofon ein Modell aus der Gruppe der Kondensator-Mikrofone, die eine Phantomspeisung benötigen – also Strom. Beim Lavalier steckt die Batterie zumeist in einer Box in der Mitte des Kabelwegs, die dann auch den Ein- und Ausschalter sowie in manchen Fällen den Schalter zum Aktivieren einer Rauschunterdrückung bereithält.
Während das kleine VideoMic Go von Rode ohne zusätzliche Power auskommt und daher sehr leicht und ideal für den schnellen Immer-dabei-Vlog ist, benötigt das potentere und wesentlich voluminöser, reifer und natürlicher klingende Rode NTG4+ (bezahlter Link) die genannte Zusatzenergie. Dafür ist es aber nicht auf die unter anderem von einigen mobilen Recordern, wie dem H6 von Zoom (bezahlter Link), zur Verfügung gestellte Phantomspeisung angewiesen, sondern funktioniert mit einem integrierten Akku.
Ein Nachteil dieses Modells ist sein Gewicht: Mit 176 Gramm sorgt es dafür, dass man zusammen mit der Kamera, einem Objektiv, dem Audiorecorder und ggf. noch einem LED-Light auf gut und gern 2kg Gesamttraglast kommt, die man mit einer Hand auf dem mobilen Stativ durch die Gegend trägt. Das Ergebnis dieser Kombi ist dafür derart beeindruckend, dass man den Muskelkater bei hochwertigen Filmvorhaben gern in Kauf nimmt.
Das dynamische Mikrofon
Mit einem dynamischen Mikrofon, wie dem SM7B von Shure (bezahlter Link), könnt Ihr Eurer Stimme oder denen von Interviewpartnern im Studio noch einmal einen Extraboost Präsenz, Wärme und Volumen verleihen. Diese Modelle benötigen keinen Strom, dafür aber einen potenten Vorverstärker. Da mein Rubix 22 von Roland (bezahlter Link) diesen nicht bietet, habe ich mir mit dem CloudLifter CL-1 (bezahlter Link) beholfen, der das Signal des Mikrofons, bevor es in das Audio Interface gelangt, um 25db anhebt. So kann das Mikrofon seine volle Bandbreite ausspielen und wird nicht durch die Limitierungen des Interfaces gebremst.
Neben dem satten Sound des SM7B (bezahlter Link) hat es noch einen weiteren Vorteil für Voice-Over- oder Streaming-Situationen: Es registriert kaum Umgebungsgeräusche. So wird Eure Kommunikation mit den Followern auf twitch, Mixer und Co. nicht durch das Klappern der Tastatur gestört. Das bedeutet allerdings auch, dass Ihr selbst nicht zu weit von dem Mikrofon entfernt sein solltet.
Fazit
Mit einer Kombination aus Shotgun- und Lavalier-Mikrofon kommt man in den meisten Vlogging-Situationen zurecht und ist mit dem Richtmikrofon auch beim Streamen gut beraten. Wer etwas mehr Geld ausgeben kann und will, der nutzt für den Stream zusätzlich ein dynamisches Modell. Das verleiht der Stimme mehr Rundungen und Wärme und zeichnet etwaige störende Nebengeräusche, wie zum Beispiel das Klappern der Tastatur, reduzierter auf als die zuvor genannten Optionen. Für den Start reicht auch ein günstiges Lavalier-Mic, das sowohl draußen als auch indoor sehr praktikabel ist und passable Ergebnisse liefert.
Comments